Weltweit gibt es zahlreiche kulturelle Unterschiede im Schulunterricht sowie bei den Hausaufgaben und mexikanische Schulen steuern hierzu eine einzigartige Komponente bei: Sie lernen im Matheunterricht Hieroglyphen.

Die Grundschüler in Mexiko lernen sogar mehrere Zahlensysteme, darunter die römischen Zahlen, das altägyptische Zahlensystem und das Zahlensystem der Maya. Sie alle verdeutlichen die verschiedenen Möglichkeiten, Zahlen zu schreiben!


In diesem Beitrag:


Was sind Zahlensysteme?

Im Laufe der Geschichte haben verschiedene Zivilisationen ihre eigenen Symbole und Regeln zur Darstellung von Zahlen entwickelt. Die Zahlensymbole werden oft auch Numerale genannt, was nichts anderes bedeutet als „Zahlen, die mit einem bestimmten Schriftsystem geschrieben werden“. Die Zahlen, die wir in Deutschland hauptsächlich verwenden, sind die arabischen bzw. indisch-arabischen Ziffern, da sie aus dem modernen Indien sowie den arabischsprachigen Ländern stammen. (Interessanterweise werden in den meisten arabischen Ländern heutzutage ein anderes Alphabet und auch andere Symbole für die Zahlen verwendet!)

Die arabischen Ziffern, die wir im Deutschen verwenden, sind Teil des Dezimalsystems: Dabei gruppieren wir Zahlen zu Zehnern, sowohl in gesprochener als auch in geschriebener Sprache. Das Wort vierzig zum Beispiel setzt sich aus den Wörtern vier und zehn zusammen, da vierzig aus 4 Gruppen von 10ern besteht. Auch wenn wir Dezimalzahlen schreiben, wie 8,3, dann steht ,3 für 3 von 10. Sogar das Wort decimal enthält das Wort für „zehn”, denn decem ist Lateinisch und bedeutet „zehn“.

Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, Zahlen darzustellen und das lernen alle mexikanischen Schüler im Unterricht.

Warum werden in Mexiko andere Zahlensysteme unterrichtet?

Mexikanische Schüler lernen historische Zahlensysteme, um sie mit dem arabischen (Dezimal-)System zu vergleichen und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme kennenzulernen. Dadurch erhalten sie ein umfassenderes Verständnis dafür, wie Zahlensymbole unterschiedliche Werte darstellen können, was beim Lernen von Addition, Subtraktion, Dezimalzahlen und Brüchen sehr hilfreich sein kann.

Römische Ziffern

Vor über 2.000 Jahren erfanden die Römer ihr eigenes Zahlensystem. Dieses wird auch heute noch häufig verwendet, z. B. in Filmtiteln, auf Zifferblättern von Uhren, in Namen und sogar bei Datumsangaben. Die römischen Ziffern werden mit diesen sieben Buchstaben geschrieben:

Symbol Wert
I 1
V 5
X 10
L 50
C 100
D 500
M 1000

Für sehr große Zahlen wie Tausender oder Millionen nutzten die Römer eine oder zwei gerade Linien über den Buchstaben:

Der Großbuchstabe V mit einer horizontalen Linie darüber entspricht dem Wert 5.000. Darunter steht der Großbuchstabe V mit zwei horizontalen Linien darüber, was dem Wert 5.000.000 entspricht.

Mit nur diesen sieben Buchstaben kann man jede beliebige Zahl darstellen, wenn man folgende Regeln beachtet:

  • Jeder Buchstabe kann bis zu dreimal wiederholt werden.
  • Beim Subtrahieren wird der Buchstabe mit dem geringeren Wert links von dem Buchstaben mit dem höheren Wert geschrieben.
  • Beim Addieren wird der Buchstabe mit dem geringeren Wert rechts von dem Buchstaben mit dem höheren Wert geschrieben.

Hier ein paar Beispiele:

  • IV: 5 – 1 = 4 (Zur Subtraktion wird I links von V geschrieben)
  • VI: 5 + 1 = 4 (Zur Addition wird I rechts von V geschrieben)
  • VIII: 5 + 3 = 8 (Zur Addition wird III rechts von V geschrieben und die Höchstzahl von 3 wiederholten Buchstaben ist erreicht)
  • CCCXL: 300 + (50 – 10) = 340 (CCC steht für 3 mal 100, und X wird von L subtrahiert, um 40 zu erhalten)

Früher wurden in Mexiko die Monate in Datumsangaben mit römischen Ziffern geschrieben. Heute werden die Monate zwar nicht mehr unbedingt auf diese Weise dargestellt, aber die Schüler lernen dennoch die römischen Zahlen. Dabei stellen sie schnell fest, dass man viel mehr Symbole benötigt, um Zahlen darzustellen, wenn man römische Ziffern verwendet. Aber das hat auch Vorteile: Mit den römischen Ziffern können die Schüler das Addieren und Subtrahieren von 1ern, 10ern und 100ern üben.

Altägyptische Ziffern

Die alten Ägypter hatten ihr ganz eigenes Zahlensystem, das sowohl einige Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede im Vergleich zu den römischen Ziffern aufwies. Das altägyptische System nutzte Symbole für 1, 10, 100, 1.000, 10.000 usw. Jedes Symbol konnte bis zu neunmal wiederholt werden (im Gegensatz zu den römischen Ziffern, bei denen die Grenze bei drei lag).

Vier altägyptische Symbole und ihre dazugehörigen Werte: ein gerader senkrechter Strich entspricht 1, ein geschwungener Bogen entspricht 10, und eine gebogene Linie, die eine Spirale andeutet, entspricht 100. Das Symbol für 1.000 ist ein Kreis, dem ein Stück fehlt, sodass er wie ein offener Mund aussieht. Dieser steht auf einem senkrechten Stiel mit einer dreieckigen Basis.

Die Symbole sind der natürlichen Welt nachempfunden: Das Symbol für 100 zum Beispiel ist eine Spirale, das Symbol für 1.000 eine Blume und die kurzen Linien und das Dreieck repräsentieren Blätter (auch wenn viele Schüler bei der 1.000 an einen kleinen Menschen denken!). Es macht den Schülern Spaß, die ägyptischen Ziffern zu zeichnen, und diese müssen nicht einmal in einer bestimmten Reihenfolge stehen, denn man addiert einfach den Wert der Symbole – egal, wo sie sich befinden!

Die Zahl 235 wird also wie folgt dargestellt:

Drei Reihen altägyptischer Ziffern, alle mit dem gleichen Wert (235). Die erste Reihe enthält zwei Spiralen, gefolgt von drei Bögen und dann fünf geraden Linien. In der zweiten Reihe stehen zunächst die fünf geraden Linien, dann die zwei Spiralen und schließlich die drei Bögen. In der dritten und letzten Reihe steht eine Spirale, dann die drei Bögen, die fünf geraden Linien und am Ende eine weitere Spirale.

Im altägyptischen Zahlensystem hängt der Wert einer Zahl nicht von ihrer Position ab, wie es im Dezimalsystem oder im römischen System der Fall ist. Einige finden das vorteilhaft, aber man erkennt schnell, dass 9.999 nach diesem System eine sehr lange Zahl ergeben würde. 😅

Maya-Zahlschrift

Die Maya sind ein Urvolk Südmexikos und Mittelamerikas, das ebenfalls ein eigenes Zahlensystem entwickelte. Die Maya-Ziffern werden von oben nach unten geschrieben und ihr Wert hängt von ihrer Position ab. 

Die mexikanischen Schüler sind stolz auf ihre ethnischen Wurzeln, wenn sie dieses Zahlensystem untersuchen und lernen. Es ist aber auch eine große Herausforderung, denn es ist das komplexeste der drei alten Zahlensysteme, die im Unterricht behandelt werden. Im Gegensatz zu den verschiedenen zuvor beschriebenen Dezimalsystemen verwendeten die Maya 20 als Basiszahl und nicht 10. Anstatt also 62 als 6 Gruppen von 10 (sechzig) plus 2 zu betrachten, sehen sie es als 3 Gruppen von 20 plus 2.

Die Schüler in Mexiko lernen, die ersten drei Ebenen der Zahlen nach dem System der Maya zu schreiben. Die erste Ebene beinhaltet die Zahlen von 1 bis 19. Abgesehen von dem muschelartigen Symbol für die 0 werden nur Punkte und Linien verwendet, um die ersten 19 Maya-Zahlen auszudrücken:

Abbildung der 3 Ziffern der Maya und ihrer Werte: Ein langes Oval, das wie ein Laib Brot aussieht, steht für die Null, ein großer schwarzer Punkt für die 1 und eine flache, horizontale Linie für die 5.

Für die Zahlen 1–19 legst du diese Ziffern übereinander, wobei die 5 unten und die Punkte für die 1 auf der 5-Linie liegen:

Drei Beispielgleichungen mit Maya-Zahlen: 3 große Punkte entsprechen 3. 2 Punkte auf einer flachen horizontalen Linie entsprechen 7. 3 Punkte auf zwei horizontalen Linien entsprechen 13.

Für die Zahlen 20 oder höher wird ein Punkt über der ersten Ebene hinzugefügt. Wenn die Schüler also Punkte übereinander sehen, wissen sie, dass die zweite Ebene für 20 steht. Ein Punkt auf der zweiten Ebene bedeutet 20, zwei Punkte bedeuten 40 usw.

So würde die 22 dargestellt werden:

Ein Diagramm mit zwei Ebenen: Auf der ersten sind zwei schwarze Punkte zu sehen, die die Einer repräsentieren. Auf der zweiten Ebene darüber ist ein blauer Punkt abgebildet, der die 20 darstellt.

Für die Darstellung von noch größeren Maya-Zahlen wird eine dritte Ebene für Gruppen von 400 (20²) verwendet. Das wird schnell kompliziert – aber die Schüler bekommen dadurch viel Übung im Umgang mit Vielfachen von 20 und 400! So schreibt man 422:

Ein Diagramm mit 3 Ebenen: Auf der ersten sind zwei schwarze Punkte zu sehen, die die Einer repräsentieren. Auf der zweiten Ebene ist ein blauer Punkt abgebildet, der die 20 darstellt. Darüber befindet sich die 3. Ebene mit einem roten Punkt, der für 400 steht.

Die mexikanischen Schüler verwenden verschiedene Farben für jede Ebene (wie in unseren Beispielen), um besser zwischen 1ern, 20ern und 400ern zu unterscheiden, aber im ursprünglichen Maya-System hatten alle Punkte dieselbe Farbe.

Gehirnjogging mit Zahlensystemen und Mathe

Man kann viel von anderen Kulturen sowie deren Zahlenverständnis lernen. In Mexiko entdecken Schüler dadurch die Vorteile des Dezimalsystems und erkennen, wie einfach sie es im Vergleich zu den Maya-Schülern früher haben! Wenn auch du deine Kenntnisse des Dezimalsystems verbessern möchtest, probiere den neuen Mathekurs von Duolingo aus!