Du hast im Internet sicherlich schon eine Menge über Künstliche Intelligenz oder KI gelesen und wie schnell sie ihren Weg in die technischen Produkte findet, die wir täglich verwenden. Wir bei Duolingo nutzen KI schon seit Jahren und neuerdings können unsere Lernenden mit Duolingo Max (Artikel auf Englisch) von ihrer Leistungsfähigkeit profitieren. Wir setzen KI aber auch hinter den Kulissen ein, um unsere Sprachkurse besser und schneller denn je zu entwickeln.

Die KI, die wir verwenden, heißt Large Language Model (LLM) („großes Sprachmodell“). Dieses ist besonders gut darin, die wahrscheinlichste Vervollständigung einer Textfolge wie eines Satzes vorherzusagen. Dasselbe macht auch dein Handy, wenn es dir in einer Nachricht die nächsten Wörter zum Eintippen vorschlägt!

Ein Large Language Modell „denkt“ in etwa wie folgt:

TEIL DES SATZES MÖGLICHES NÄCHSTES WORT WAHRSCHEINLICHKEIT
Er traf die Entscheidung mit Herz und … Verstand Sehr hoch
Seele Hoch
Hund Gering
Nieren Sehr gering
dein Ziemlich unwahrscheinlich

Dank solch eines leistungsstarken Sprachmodells, das unsere Unterrichtsexperten bei Duolingo verwenden, können wir riesige Mengen an Inhalten für unsere Kurse erstellen – mit nur einem Klick!

Wie uns KI beim Erstellen von Lektionen hilft

KI ist bei Duolingo nichts Neues. Wir hatten sogar ein KI-Modell namens „Birdbrain“ (Artikel auf Englisch) im Einsatz, das sicherstellte, dass die angezeigten Übungen auf Duolingo den optimalen Schwierigkeitsgrad haben, basierend auf den Stärken und Schwächen des betreffenden Lernenden. Bis vor Kurzem wurde jede einzelne Übung, die von Birdbrain ausgewählt wurde, von menschlichen Experten formuliert, überprüft und übersetzt. Dabei mussten diese kontinuierlich darauf achten, sowohl den Unterhaltungs- als auch den Lernwert jeder einzelnen Duolingo-Lektion zu maximieren.

Heute verwenden wir zum Generieren dieser Übungen jedoch KI. Das Large Language Model ist nämlich in der Lage, vieles aus den Inhalten auf Duolingo zu lernen, die unsere Lernexperten bereits erstellt haben. Dabei benötigt es jedoch noch immer Hilfe von uns Menschen, denn wir passen die Anweisungen, die wir dem Modell geben, ständig an. So kannst du dir KI etwa als ein Aufziehspielzeug vorstellen: Wenn du es aufziehst, bewegt es sich – wollen wir allerdings, dass es in die gewünschte Richtung geht, müssen wir dazu ein paar Leitplanken aufstellen.

Und so funktioniert unser KI-System: Wir schreiben eine Eingabeaufforderung bzw. eine Reihe von detaillierten Befehlen, die dem KI-Modell „erklären“, wie die jeweilige Übung auf Duolingo zu verfassen ist. Diese Eingabeaufforderung ist also eine Art Lückentext für die Generierung von Duolingo-Lektionen.


Schreibe eine Übung, die das Wort GO auf ENGLISCH enthält.

Regeln:
1. Die Übung muss zwei Antwortmöglichkeiten enthalten.
2. Die Übung darf höchstens 75 Zeichen enthalten.
3. Die Übung muss dem CEFR-Niveau A2 in ENGLISCH entsprechen.
4. Die Übung muss das SIMPLE PAST TENSE und das PRESENT PERFECT TENSE enthalten.

Los!

Manche Anweisungen sind für einen bestimmten Aufgabentyp identisch. Regel 1 und 2 zum Beispiel ändern sich nie. Andere Anweisungen hingegen ändern sich bei jedem neu zu erstellenden Aufgabentyp: Regel 3 ist beispielsweise vom Sprachkurs und dem Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Übung abhängig. Regel 4 hängt von der genauen Thematik der Lektion ab. Anschließend packen wir sowohl die gleichbleibenden als auch die sich ändernden Anweisungen in eine Eingabeaufforderung, woraufhin das Modell mit nur einem Klick eine neue Übung erstellt.

Durch die Entwicklung dieser Eingabeaufforderungen und der Anpassung der Ausgabe stellt die KI ein leistungsstarkes Werkzeug dar. Wie jedes innovative Werkzeug bietet dieses, wenn es geschickt eingesetzt wird, unseren internen Lernpädagogen Komfort, Geschwindigkeit und Produktivität:

  • Komfort: Früher hatten wir auf längeren Autofahrten Landkarten und Reiseatlanten dabei. Später befestigten wir klobige GPS-Geräte auf dem Armaturenbrett. Heutzutage nutzen wir stattdessen Navigations-Apps auf unseren Smartphones.
  • Geschwindigkeit: Taschenrechner können einfache Rechenaufgaben deutlich schneller lösen, als wir im Kopf oder auf dem Papier dazu in der Lage wären. Und doch herrschte damals Panik, als Taschenrechner in den Klassenzimmern eingeführt wurden – wie sollten Schüler Mathematik lernen, wenn ihnen ein so mächtiges Werkzeug zur Verfügung stünde?! Es stellte sich jedoch heraus, dass Schüler, die einen Taschenrechner benutzen, immer noch die zugrunde liegenden mathematischen Prozesse verstehen mussten, um die Aufgabe richtig lösen zu können. Der Taschenrechner ist also nur leistungsfähig, wenn ihn die Person, die ihn bedient, richtig einzusetzen weiß.
  • Produktivität: Einige Anwendungen können die Produktivität bei verschiedenen Arbeitsschritten steigern. Beispielsweise gibt es schon seit langem Kalkulationstabellen, ursprünglich nur auf Papier und für die Buchhaltung. Als diese dann aber ins digitale Format übertragen wurden, erfüllten sie noch viele weitere Zwecke. Hier bei Duolingo verwende ich persönlich Tabellen, um Feedback von meinen Kollegen zu verwalten, den in den Sprachkursen verwendeten Wortschatz zu dokumentieren, und bis vor wenigen Jahren habe ich sogar Inhalte für die App in Tabellen geschrieben!

All diese Neuerungen haben die Art und Weise verändert, wie wir arbeiten und neue Herausforderungen bewältigen. Gleichzeitig haben sie unsere Arbeit auch praktischer, schneller und produktiver gemacht.

KI in der Praxis

1. Schritt: Lehrplangestaltung
Die Learning Designer entwerfen Thema, Grammatik, Wortschatz und Aufgabentypen für jede einzelne Lektion. So könnten sie zum Beispiel eine Englischlektion mit dem Thema „Nostalgische Erinnerungen“ erstellen, da dies gut zu den grammatikalischen Themen „Simple Past“ und „Present Perfect“ passt.

2. Schritt: Vorbereitung des KI-Tools
Jetzt ist es an der Zeit, unseren Lückentext auszufüllen. Dank unserer genialen Entwickler werden manche Lücken automatisch ausgefüllt (wie die Sprache, das CEFR-Niveau [Artikel auf Englisch] und das Thema „Nostalgische Erinnerungen“). Die Learning Designer füllen einige weitere Lücken aus, wie z. B. den Aufgabentyp und den grammatikalischen Schwerpunkt, um die KI in die gewünschte Richtung zu lenken.

3. Schritt: Textgenerierung und Optimierungen
Innerhalb weniger Sekunden erstellt das KI-Modell zehn Übungen, die dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad, der Grammatik und dem Thema entsprechen.

Ausgabebeispiele:

1. I went to the amusement park last summer. I have gone to the amusement park many times.
2. She has eaten her grandmother's apple pie since she was a child. She ate her grandmother's apple pie yesterday.
3. They swam in the lake every summer when they were young. They have swum in the lake recently.
4. We saw the old tree where we carved our names. We have seen the old tree several times.
5. He caught fireflies with his friends last night. He has caught fireflies many times before.
6. She had her favorite childhood book read to her. She has had it read to her numerous times.
7. They sang their favorite songs around the campfire. They have sung those songs together many times.
8. We threw snowballs during the snowstorm last year. We have thrown snowballs every winter.
9. He told me about the time he met his childhood hero. He has told me that story several times.
10. She bought her favorite childhood candy at the store. She has bought that candy whenever she finds it.

Die Learning Designer wählen anschließend ihre drei Lieblingssätze, können aber immer noch Änderungen an ihnen vornehmen, bevor diese in die App übernommen werden. Wenn du etwas Englisch sprichst, wirst du vielleicht bemerkt haben, dass all diese Sätze die oben genannten Regeln befolgen, auch wenn manche von ihnen gestelzt oder weniger natürlich klingen. In diesem Fall würden die Learning Designer kleine Änderungen vornehmen, um die Natürlichkeit, den Lernwert und das verwendete Vokabular zu verbessern – unsere Unterrichtsexperten haben immer das letzte Wort!

Die Vorteile von KI beim Erstellen von Lektionen

Zum Zeitpunkt der Redaktion dieses Artikels hat Duolingo weniger als 1000 Mitarbeiter und über 21 Millionen tägliche Nutzer. Das bedeutet, dass wir bezüglich unserer verfügbaren Ressourcen konsequent Prioritäten setzen müssen, um das weltweit beste Bildungsangebot zu entwickeln und es allgemein zugänglich zu machen.

Derzeit nimmt die Erstellung, Aktualisierung und Pflege von Duolingo-Kursen sehr viel Zeit in Anspruch, weshalb wir für die meisten Kurse nur wenige Male pro Jahr neue Inhalte veröffentlichen. Wenn wir qualitativ hochwertige Inhalte schneller entwickeln, können wir …

  1. … noch intensiver mit der CEFR-Skala arbeiten, insbesondere beim Erstellen von fortgeschrittenerem Material
  2. … Ressourcen für zusätzliche Angebote wie Storys, Podcasts und eine Vielzahl von Ideen freimachen, die wir noch in der Schublade haben.
  3. … unseren Fokus auf kleinere Kurse richten, die nicht oft im Rampenlicht stehen und dennoch eine treue Gruppe von Lernenden haben.

Wir versuchen unablässig, neue Inhalte noch schneller zu erstellen. Indem wir unseren menschlichen Unterrichtsexperten ein Werkzeug wie das Large Language Model zur Verfügung stellen, können wir dir noch mehr Duolingo bieten – und zwar schneller und besser als je zuvor!