Arabisch wird von mehr als 300 Millionen Menschen weltweit gesprochen und seine Dialekte (Artikel auf Englisch) sind so verschieden, dass es für die Sprecher eines Dialektes oft schwer ist, Sprecher anderer Dialekte zu verstehen! Das liegt daran, dass Arabisch in Regionen gesprochen wird, die sowohl geographisch als auch kulturell weit auseinander liegen: Durch die islamischen Eroberungen im 7. Jahrhundert verbreitete sich die Sprache von Südspanien bis nach Zentralasien.
Infolgedessen wurde das Arabische von den vielen verschiedenen Sprachen beeinflusst, die in den jeweiligen Regionen gesprochen wurden, was erklärt, warum es heute so viele Dialekte des Arabischen gibt.
Wir zeigen dir, wie unterschiedlich manche dieser Dialekte sein können!
Marokkanisch-Arabisch, Ägyptisch-Arabisch und Syrisch-Arabisch
Es gibt Dutzende arabischer Dialekte und hier vergleichen wir nur drei davon: das marokkanische, das ägyptische und das syrische Arabisch. Diese Dialekte haben eine große Anzahl an Sprechern, sind stark in den Medien vertreten und in unterschiedlichen geografischen Regionen anzutreffen.
In der folgenden Tabelle findest du ein einfaches Beispiel dafür, wie verschieden arabische Dialekte sein können. So sagt man in jedem dieser Dialekte (in diesem Fall zu einer weiblichen Person) „Wie geht es dir?“ als Begrüßung und „Sehr gut“ als Antwort darauf:
„Wie geht es dir?“ | „Sehr gut!“ | |
---|---|---|
Marokkanisch-Arabisch | كيدايرة؟ (kidayra) |
!مزيانة بزاف (mzyana bzzaf) |
Ägyptisch-Arabisch | إزايِّك؟ (2ezzaayyek) |
!كويسة قوي (kwayyesa 2awi) |
Syrisch-Arabisch | كيفِك؟ (kiifek) |
!كتير منيحة (ktiir mniiHa) |
Es gibt zwischen diesen Dialekten auch einige bemerkenswerte Unterschiede in der Aussprache. Viele Sprecher sprechen die Buchstaben ق (qaaf) und ج (jiim) wie folgt aus:
Marokkanisch-Arabisch | Ägyptisch-Arabisch | Syrisch-Arabisch | |
---|---|---|---|
ق (qaaf) |
Entweder ähnlich wie „k“ in „Kaffee“ (nur tiefer im Hals) ausgesprochen, oder wie „g“ in „Golf“ | Wie ein Glottisschlag ausgesprochen – also wie der Verschlusslaut zwischen den beiden „o“ im deutschen Ausruf „oh-oh“. Im Arabischen wird dieser Laut durch den Buchstaben ء dargestellt, der in lateinischer Umschrift häufig als „2“ wiedergegeben wird. | Wie ء (in lateinischer Umschrift als „2“ geschrieben) ausgeschrieben, genauso wie im Ägyptisch-Arabischen |
ج (jiim) |
Wie „dsch“ im deutschen „Dschungel“ | Wie „g“ im deutschen „Golf“ | Wie „dsch“ im deutschen „Dschungel“, genauso wie im Marokkanisch-Arabischen |
Es gibt auch feine Unterschiede in der Grammatik zwischen diesen Dialekten. Ein Beispiel dafür ist die Bildung von negativen Sätzen mit „nicht“. Einige verwenden dabei eine zweiteilige „Sandwich-Strategie“, bei der ein Teil der Verneinung vor dem Verb oder Adjektiv steht und der andere Teil danach!
Marokkanisch-Arabisch | Ägyptisch-Arabisch | Syrisch-Arabisch | |
---|---|---|---|
nicht + Adjektiv, wie z. B. nicht groß | ماشي (mashi) |
مش (mesh/mosh) |
مو (mu) |
nicht + Verb, wie z. B. ich habe nicht … | m- (مـ) vor dem Verb und -sh (ـش) danach | ma- (ما) vor dem Verb und -sh (ش) danach | ma (ما) vor dem Verb |
Besondere Merkmale einiger arabischer Dialekte
Die einzelnen Dialekte unterscheiden sich in vielen weiteren Besonderheiten, was Wortschatz, Grammatik und Aussprache betrifft – hier einige Beispiele:
Marokkanisch-Arabisch
In den meisten arabischen Dialekten haben die Verben für männlich und weiblich unterschiedliche Endungen. Im Marokkanisch-Arabischen hingegen verwenden Verben in der Vergangenheitsform immer -i, unabhängig von der Anzahl oder dem Geschlecht der Personen. (Die Endung -i ist übrigens in anderen Dialekten die feminine Form!) So bedeutet z. B. قلتي؟ (Shnu gelti?) „Was hast du gesagt?“ und es bezieht sich sowohl auf Männer als auch auf Frauen.
Das arabische Wort für den bestimmten Artikel „der/die/das“ ist ال (al), und so wie im Deutschen wird der Artikel auch im Arabischen dafür verwendet, sich auf einebestimmte Person oder einen bestimmten Gegenstand zu beziehen, z. B. das Kind, der Kaffee (Artikel auf Englisch). Im Marokkanisch-Arabischen wird der bestimmte Artikel aber teilweise auch bei allgemeinen Aussagen verwendet, wo im Deutschen normalerweise einunbestimmter Artikel steht, zum Beispiel bei ein Kind oder einfach nur Kaffee – so könnten Marokkaner لقهوة كحلة (l-qehwa ke7la) für „schwarzen Kaffee“ sagen, obwohl die wörtliche Übersetzung „der schwarze Kaffee“ ist.
Ägyptisch-Arabisch
Eine Besonderheit des Ägyptisch-Arabisch im Gegensatz zu anderen Dialekten ist die Wortstellung. Um zum Beispiel „diese Stadt“ zu sagen, sagt man im Ägyptisch-Arabischen wörtlich „Stadt diese“, wobei das Wort für „diese“ ( دي) nach dem Substantiv steht: المدينة دي (el-madiina di; madiina = „Stadt“). Die meisten anderen Dialekte setzen dieses Wort hingegen vor das Substantiv.
Auch bei Fragen gibt es im Ägyptisch-Arabischen große Unterschiede in der Wortstellung: Fragewörter wie فين (feen = „wo“) stehen am Satzende, während sie in den meisten anderen Dialekten – wie auch im Deutschen – am Satzanfang stehen. Um „Wohin gehst du?“ zu fragen, sagt man im Ägyptisch-Arabischen رايح فين؟ (raayeH feen), wobei feen am Ende steht.
Syrisch-Arabisch
Im Syrisch-Arabischen sind die Verben interessant, weil sie einige Gemeinsamkeiten mit dem Englischen aufweisen. Zum Beispiel unterscheiden Sprecher im Syrisch-Arabischen zwischen einer Tätigkeit, die man gewöhnlich ausführt – wieshe writes (sie schreibt) – und einer, die man gerade jetzt macht, wie she is writing (sie schreibt gerade). Um auszudrücken, dass es sich um eine gewohnheitsmäßige Handlung handelt, wird im Syrisch-Arabischen ein ﺑ (b-) an den Anfang des Verbs gesetzt. Zum Beispiel bedeutet بتكتب (b-taktub) „sie schreibt“. Für gerade stattfindende Handlungen steht عَم (a3am) vor dem Verb, wie in عم تكتب (a3am taktub), was „sie schreibt gerade“ bedeutet. Die „3“ steht übrigens für ع (Ain), einen stimmhaften, tief im Rachen gebildeten Laut, den es im Deutschen nicht gibt.
Ein weiteres interessantes Merkmal ist, wie das Syrisch-Arabische Ereignisse in der Zukunft ausdrückt. Viele Menschen in Syrien verwenden das kurze Wort رح (raH) vor dem Verb für Handlungen, die in der Zukunft stattfinden werden. Dieses Wort ist mit dem Verb راح (raaH = „gehen“) verwandt – es funktioniert also ganz ähnlich wie im Englischen, wo „they are going to do something…“ gesagt wird, genau wie „aller“ im Französischen vorkommt.
Wie kommt es, dass Dialekte so unterschiedlich sein können?
In diesem Artikel haben wir uns auf die Unterschiede zwischen den Dialekten konzentriert, aber natürlich gibt es auch viele Gemeinsamkeiten: Sie sind alle Varianten des Arabischen!
Wie bei allen Sprachen sind bestimmte Merkmale von Dialekten Verallgemeinerungen, die auf viele Regionen und Sprecher zutreffen, aber sicherlich nicht auf alle – schließlich handelt es sich um riesige Länder mit vielen Unterdialekten und Akzenten.
Die Amtssprache dieser (und 22 weiterer) Länder ist das Moderne Hocharabisch und dieses kannst du auf Duolingo lernen. Das ist kein Dialekt, den man zu Hause sprechen würde – vielmehr ist es eine Form der Sprache, die in den Medien, bei der Religionsausübung und bei offiziellen Anlässen verwendet wird. Das ist mit ein Grund dafür, warum keiner der gesprochenen arabischen Dialekte standardisiert wurde, und daher gibt es oft mehr als eine Schreibweise im Arabischen und in der Umschrift (also der lateinischen Schreibweise), die wir hier verwendet haben. Dabei gehen manchmal zwangsläufig Details in der Umschrift verloren.
Erfreue dich am bunten Mosaik der arabischen Dialekte!
Arabisch ist eine unglaublich vielfältige Sprache, was das Lernen umso spannender macht. Bleib fleißig dabei und hör Musik oder schau dir Filme aus verschiedenen arabischsprachigen Regionen an, um noch mehr Übung mit den unterschiedlichen Dialekten zu bekommen!