Willkommen zu einer weiteren Woche von „Sag mal, Duolingo“, der Ratgeber-Kolumne für Sprachlernende. Frühere Ausgaben findest du hier.

Liebe Blog-Lesende, ich bin Dr. Elise Hopman, bei Duolingo zuständig für Lernwissenschaft. Ich komme ursprünglich aus den Niederlanden und habe Universitätsabschlüsse in kognitiver Neurowissenschaft und Psychologie mit dem Schwerpunkt Zweitsprachenerwerb. Ironischerweise ist es mir selbst schwer gefallen, beim Sprachenlernen am Ball zu bleiben, während ich an der Universität lernte, wie unser Gehirn Sprachen lernt, denn am Ende des Tages oder sogar schon um die Mittagszeit war ich oft zu müde! Die dieswöchige Frage von Sag mal, Duolingo spricht also sowohl mein berufliches Fachwissen als auch meine persönlichen Erfahrungen an.

Die Frage lautet:

Sag mal, Duolingo, in euren letzten Beiträgen habe ich gelesen, dass es beim Sprachenlernen vor allem um Verbindungen im Gehirn geht. Meine Frage ist also: Können wir diese Verbindungen herstellen, während wir schlafen? So wie in der Folge der Serie *Dexters Labor*, in der er einen Apparat baut, mit dem er im Schlaf Französisch lernen will? Gibt es Hoffnung, dass etwas in der Art wirklich funktioniert? Danke! Im Traumland

Ich danke dir für diese Frage! Ich kann mich noch gut an diese Folge von Dexters Labor erinnern. Als Kind habe ich sie auf Englisch mit niederländischen Untertiteln gesehen. Stell dir vor, wie sich mein Gehirn mit Französisch als dritte Sprache fühlte, als ich diese Folge sah … danach brauchte ich definitiv ein Nickerchen!

Deine Frage, ob man im Schlaf lernen kann, erinnert mich an einen anderen Blogpost der Serie Sag mal, Duolingo, in dem Dr. Ben Reuveni verschiedene Arten von Gedächtnis beschreibt, insbesondere das Arbeitsgedächtnis (auch Kurzzeitgedächtnis genannt) und das Langzeitgedächtnis. Hier erfährst du, wie sich Schlaf auf das Kurz- und Langzeitgedächtnis auswirkt.

Kann man eine Sprache im Schlaf lernen?

Ja … in gewisser Weise schon! Du hast recht mit deiner Beobachtung, dass es beim Sprachenlernen vor allem um den Aufbau und das Stärken von Verbindungen im Gehirn geht, und diese Verbindungen werden gestärkt, während wir schlafen.

Das ist besonders nützlich für neue Dinge, die du tagsüber gelernt hast, wie neue Wörter einer Sprache. Auch wenn du also diese neuen Wörter nicht im Schlaf lernst, ist Schlaf dennoch wichtig, um dich langfristig an diese Wörter zu erinnern. Sehen wir uns einmal an, wie das funktioniert!

Wie stärkt Schlaf unsere Erinnerungen?

Während wir schlafen, „festigt“ das Gehirn unsere Erinnerungen. Diese Festigung oder Konsolidierung ist ein Prozess, in dem Erinnerungen aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übertragen werden, und Schlaf spielt bei dieser Konsolidierung eine äußerst wichtige Rolle.

Dies beginnt, während wir wach sind und etwas lernen. Wenn wir lernen – zum Beispiel neue Wörter in einer Duolingo-Lektion, einen neuen Skateboardtrick oder den Namen eines neuen Klassenkameraden oder einer Kollegin – erstellt unser Gehirn eine „Spur“, also eine Verbindung zwischen dem, was du gelernt hast, und anderen bereits bestehenden Erfahrungen und Wissen. Durch den Schlaf werden diese Gedächtnisspuren aus dem Kurzzeitgedächtnis (wo sie während des Lernens gespeichert wurden) in das Langzeitgedächtnis (Artikel auf Englisch) „kopiert“, sodass du diese Informationen später nutzen kannst!

Sprachen lernen im Schlaf

Forscher können in Schlafexperimenten untersuchen, was und wie wir lernen, während wir schlafen. In solchen Studien müssen die Teilnehmenden zum Beispiel 30 französische Wörter lernen, dann schlafen und anschließend einen Test zu diesen 30 Wörtern absolvieren. Es gibt verschiedene Varianten dieser Studien: Manchmal schlafen die Teilnehmenden nur eine oder zwei Stunden vor dem Test. In anderen Studien schlafen sie vor dem Test eine ganze Nacht lang, und wiederum andere Studien liegen irgendwo dazwischen. Danach werden die Testergebnisse derer, die geschlafen haben, mit den Ergebnissen einer Kontrollgruppe verglichen, die in der gleichen Zeit wach bleiben musste. (Ich weiß schon, in welcher Gruppe ich lieber wäre!)

Zwei neue Erkenntnisse über Schlaf und Sprachenlernen sind besonders interessant:

Schlaf hilft mit neuen Lauten und Akzenten
Forschungsergebnisse zeigen, dass unser Gehirn Lautmuster verarbeitet, während wir schlafen. Oft müssen Lernende in ihrer neuen Sprache völlig neue Laute üben und es kann eine echte Herausforderung sein, die Unterschiede zu hören. Und ihre Aussprache ist noch viel schwieriger. Sprecher mancher Sprachen haben zum Beispiel Probleme, die englischen r- und l-Laute auseinanderzuhalten, während Englischsprachige normalerweise Schwierigkeiten mit den verschiedenen d-Lauten im Urdu und Hindi haben (Artikel auf Englisch).

Die gute Nachricht ist, dass die Festigung im Schlaf deinem Gehirn dabei helfen kann, Muster in den Lauten der Lernsprache aufzunehmen. Das funktioniert sogar bei Sprachen, die du gut beherrschst. Wenn du einen Sprecher mit einem unbekannten Akzent zum ersten Mal hörst, wirst du danach andere Sprecher mit demselben Akzent besser verstehen können, wenn du in der Zwischenzeit geschlafen hast.

Schlaf hilft, sich besser an neue Wörter zu erinnern
Die Festigung im Schlaf ist besonders hilfreich beim Lernen von neuen Wörtern. Während du schläfst, werden die Verbindungen im Gehirn zwischen dem neuen Wort, das du lernen möchtest, und anderen, verwandten Wörtern gestärkt. Diese starken Verbindungen helfen dabei, neue Wörter schneller wiederzuerkennen, und sie helfen sogar, wenn du das Wort selbst erschließen musst, z. B. beim Schreiben oder Sprechen.

Das bedeutet, dass wenn du ein neues Wort wirklich gut lernen willst, es besser ist, dieses über mehrere Tage hinweg mehrmals täglich zu üben, als es nur einmal 20-mal hintereinander zu wiederholen. Und genau das berücksichtigen die Duolingo-Kurse: Wenn du dem Lernpfad folgst, wiederholst du die neu gelernten Wörter über die Zeit hinweg.

Können wir eine Maschine bauen, die uns etwas im Schlaf beibringt?

Leider ist das nicht möglich! In den 1950er Jahren wurden Kassettenrecorder mit dem Versprechen verkauft, dass man, wenn man eine Kassette über Nacht wiederholt hörte, das lernt, was diese abspielte. Forschungen in den 1970er Jahren haben diese Behauptung jedoch widerlegt – auch wenn das eine lustige Folge von Dexters Labor wäre!

Diese Geschichte hat allerdings eine überraschende Seite! Es ist zwar nicht möglich, schlafend eine neue Sprache oder neue Wörter zu lernen, aber wir können durchaus andere Dinge im Schlaf lernen, zum Beispiel, den Geruch von faulen Eiern mit Zigaretten zu assoziieren (Artikel auf Englisch), um das Rauchen aufzugeben.

Leider sind die Prozesse, die beim Sprachenlernen ablaufen, nicht so einfach zu hacken. Duolingo kann dir aber dabei helfen, deine Lernzeit (und deinem Schlaf) bestmöglich zu nutzen!

Warum Schlaf wichtig ist fürs Lernen

Das Problem ist, dass viele Menschen zu wenig Schlaf bekommen, und als Mittagsschlaf-Fan möchte ich ein wenig näher darauf eingehen, wie wichtig Schlaf für das Lernen ist – und das nicht nur für die Konsolidierung im Gedächtnis, über die wir zuvor gesprochen haben.

Bevor dein Gehirn Erinnerungen festigen kann, musst du zuerst etwas Neues lernen. Und deinem Gehirn fällt das schwerer, wenn du zuvor nicht geschlafen hast: Schlafmangel beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit, was der Aufmerksamkeit schadet und das Speichern von Informationen im Kurzzeitgedächtnis erschwert.

Schlafmangel hat auch negative Auswirkungen auf deine Stimmung und auf deine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen oder Vorsätze durchzuziehen – zum Beispiel, jeden Tag eine Duolingo-Lektion zu machen, damit du bis zur 2. Staffel von Squid Game Koreanisch verstehst. 😉

Hier ein paar Tipps für optimale Lernergebnisse:

  • Mach deinen Schlaf zu einer Priorität und opfere ihn nicht sinnloser Bildschirmzeit (z. B. dem Scrollen in Social Media), spätem Packen oder Büffeln auf die letzte Minute.
  • Lerne jeden Tag ein bisschen und teile dabei deine Lernzeit auf, so wie im Duolingo-Pfad.
  • Mach das Sprachenlernen zur Gewohnheit und übe täglich, um den maximalen Lerneffekt zu erzielen!

Lerne mehr, als du dir je erträumt hättest

Ich kann dir leider keine Maschine bauen, die dir dabei hilft, im Schlaf Französisch zu lernen, so wie Dexter es getan hat. Du wurdest aber mit einem Gehirn geboren, das den Schlaf nutzt, um alles zu festigen, was du tagsüber gelernt hast. Und auch wenn es verlockend sein kann, lange aufzubleiben und zu lernen, arbeitet dein Gehirn deutlich besser, wenn du ihm die Ruhe gönnst, die es braucht!

Wenn du Fragen zum Thema Lernen und Sprachen hast, schreib uns eine E-Mail an dearduolingo@duolingo.com.